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Eine aktuelle Studie zeigt, dass WhatsApp seine Dominanz unter den in Deutschland genutzten Messenger-Diensten weiter ausgebaut hat. Es gibt eine signifikante Zahlungsbereitschaft für den seit 2016 kostenlosen WhatsApp-Service, aber nur ein schwaches Interesse der Endnutzer an Business-Zusatzleistungen. Personalisierte Werbung könnte ein Risiko für die Kundenbeziehung sein.
Das zeigt die aktuelle Studie "Pricing Lab 2019" von Rogator und exeo.
Im Frühjahr 2014 sorgte WhatsApp weltweit für Schlagzeilen, als Facebook seine bis dato größte Firmenübernahme ankündigte: Für das junge Unternehmen mit 55 Mitarbeitern und ca. 450 Mio. Kunden bezahlte Facebook etwa 19 Mrd. USD. Seither ist WhatsApp weiter stark gewachsen, und zwar auf mehr als 1,5 Mrd. Nutzer weltweit. Ein Grund für das beschleunigte Wachstum ist die Überführung des Messenger-Dienstes von einem Abo-Modell in ein für den Nutzer kostenloses Modell. Damit wurde die bisher wichtigste Einnahmequelle geschlossen. Offen ist, ob im Business-Bereich Erlösquellen erschließbar sind und diese auf Verbraucherakzeptanz stoßen.
"Ähnlich wie bei Google und Facebook besteht die Möglichkeit, WhatsApp in ein profitables Geschäftsmodell zu wandeln, sofern es gelingt, geeignete Erlösquellen zu finden. Google und Facebook haben dies geschafft, weil sie ihr Geschäftsmodell auf zielgruppengenaue Online-Werbung ausgerichtet haben. Ob im Falle von WhatsApp ähnliches möglich ist, darf aber bezweifelt werden", so Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG und Co-Autor der Studie Pricing Lab.
Die Ergebnisse der Studie im Überblick:
Dominanz von WhatsApp unter den in Deutschland genutzten Messenger-Diensten weiter ausgebaut
In Deutschland ist WhatsApp der am häufigsten genutzte Messenger-Dienst: 82 % der Smartphone-Besitzer nutzen diesen. Dabei ist die Tendenz steigend. In der Erhebung aus dem Jahr 2017 betrug der Anteil noch 73 %. Ernsthafte Konkurrenz besteht nur aus dem „eigenen Haus“ heraus. So erreicht der Facebook Messenger eine Nutzerquote von 37 %. Alle anderen Wettbewerber wie Skype, Snapchat, Viber oder Threema kommen auf 10% oder weniger.
Zweite Besonderheit ist die im Mittel hohe Nutzungsintensität: Drei Viertel der WhatsApp-Nutzer geben an, die App regelmäßig (mehrmals am Tag) zu nutzen. Damit wird WhatsApp zum zentralen Kommunikationsmedium. Schließlich ermöglicht der Messenger-Dienst neben dem Versenden von Kurznachrichten oder Bildern auch Telefonanrufe. Dritte Besonderheit ist, dass sich die Dominanz von WhatsApp über alle Altersklassen erstreckt, während die Nutzeranteile der Wettbewerber abnehmen.
Signifikante Zahlungsbereitschaft für den seit 2016 kostenlosen WhatsApp-Service
Nachdem WhatsApp bis 2016 unterschiedliche Preismodelle im Markt implementierte, wird der Messenger-Dienst seit 2016 komplett kostenlos angeboten. Begründet wurde dieser Schritt auch mit den weltweiten Wachstumsmöglichkeiten. Dies hat sich in der Zwischenzeit bewahrheitet, konnte doch die Nutzerzahl zwischen 2014 und 2019 fast vervierfacht werden. Die Bereitstellung eines kostenlosen Dienstes führt zu einem hohen Kundennutzen. Um diesen zu bestimmen, wurden die Studienteilnehmer gebeten, ihre Preisbereitschaften für WhatsApp zu beziffern – für den Fall, dass der Messenger-Dienst nicht mehr kostenlos zur Verfügung gestellt würde.
Bis zu einem Viertel der Befragten wären bereit, für die Nutzung von WhatsApp zu zahlen.Wie zu erwarten, ist die Zahlungsbereitschaft für WhatsApp positiv mit der Nutzungsintensität korreliert: Ein Drittel der Vielnutzer würde für die App zahlen. Bei der Höhe der Preisbereitschaft wurden im Rahmen eines experimentellen Designs zwei Bezugsgrößen getestet, und zwar zum einem eine Zahlung je Monat (Mittelwert 4,40 EUR) und zum anderen die Zahlung eines Jahresbetrags (Mittelwert 17,- EUR, entspricht 1,40 EUR pro Monat).
Schwaches Interesse der Endnutzer an Business-Zusatzleistungen
Vor diesem Hintergrund wird klar: Gelingt es, den Kundennutzen der Endnutzer hoch zu halten (durch einen leistungsstarken, fehlerfreien und kostenlosen Service) und gleichzeitig Business-Applikationen anzubieten, die neue Erlösmodelle einschließen, dann ergeben sich für WhatsApp aufgrund der Größe und Skalierungsmöglichkeiten enorme Gewinnchancen.
In der Studie "Pricing Lab" wurden daher unterschiedliche Zusatzfunktionalitäten bezüglich des Interesses aus Endnutzersicht bewertet. Diese reichen von der Möglichkeit, Informationen zu bestimmten Produkten oder Angeboten / besonderen Aktionen direkt vom Anbieter zu erhalten, Produkte und Dienstleistungen direkt über WhatsApp zu bestellen oder zu bezahlen, auf den Nutzer zugeschnittene Werbung zu erhalten, bis zum direkten Kontakt mit dem Kundenservice einer Herstellers oder Händlers (Chat).
Allerdings ist das Interesse der Endnutzer an Business-Services insgesamt schwach. Am relativ stärksten ist das Interesse daran, direkt mit dem Kundenservice eines Herstellers oder Händlers über einen Chat sprechen zu können. 15 % der Befragten bekunden hier ein Interesse, während der Anteil der Desinteressierten bei 47 % liegt. Etwa 16 % der Befragten verfügen über eine hohe Affinität für die vorgestellten Business-Services. Damit wird erkennbar, dass einige Skepsis angebracht ist, ob WhatsApp in absehbarer Zeit von Business-Applikationen durchdrungen sein wird bzw. ob diese auf ein ausreichendes Nutzer-Interesse stoßen.
Risiko für die Kundenbeziehung: Personalisierte Werbung
Die Studienergebnisse deuten auch darauf hin, dass im zukünftigen Geschäftsmodell von WhatsApp Risiken enthalten sind. Besonders gering ist das Interesse der Nutzer an der Möglichkeit, auf die eigene Person zugeschnittene Werbung zu erhalten. Weniger als jeder Zehnte Nutzer interessiert sich für diese Zusatzfunktionalität, zwei Drittel tun das explizit nicht. Die Vorbehalte gegenüber Werbeanzeigen sind auch in der Altersklasse unter 30 Jahre deutlich ausgeprägt. Dies mag auch mit der konkreten Geschichte von WhatsApp verknüpft sein. Firmengründer Jeff Koum (2018 aus dem Unternehmen ausgeschieden) hatte stets darauf bestanden, seine App frei von Werbung zu halten. Dies war auch eine Bedingung des Firmenverkaufs an Facebook.
"Die häufig zitierten Verbraucheranforderungen, im Rahmen der stärkeren Digitalisierung von Produkten und Services zielgruppengenaue bzw. sogar personalisierte Angebote zu erwarten oder spezielle Werbebotschaften empfangen zu wollen, entpuppen sich bezüglich WhatsApp eher als Mythos: Die Nutzer betrachten WhatsApp als Teil des persönlichen Netzwerks, das nicht durch Dritte gestört werden soll", resümiert Prof. Dr. Andreas Krämer als Co-Autor der Studie.
Beitragsbild: Bild © Denys Prykhodov / stock.adobe.com (bearbeitet). Mit freundlicher Genehmigung der Rogator AG