"Generationenbarometer Food": Ernährung zwischen Tradition und Moderne
Technologie trifft auf Traditionsbewusstsein: Wenn es um ihre Einstellung zu Lebensmitteln und Ernährung geht, sind die Deutschen zwiegespalten. Auch wenn sie gesunde, nachhaltige und technologische Innovationen in der Ernährung befürworten, bestehen in vielen Bereichen Vorbehalte gegen das, was technologisch möglich wäre. Dies ist eine Erkenntnis des "Generationenbarometers Food – So essen Jung und Alt in Deutschland", das die heristo aktiengesellschaft in diesem Jahr zum ersten Mal veröffentlicht hat.
Ziel der von Food-Experten begleiteten Studie war es, mehr herauszufinden über das Spannungsfeld zwischen traditionellen Vorlieben einerseits und den Möglichkeiten des technologischen Fortschritts andererseits. Die Ergebnisse der repräsentativen Befragung von 1.000 Menschen wurden vor dem Hintergrund einer Generationenbetrachtung anhand von fünf Altersgruppen analysiert: So bestätigt die Studie zwar, dass junge Menschen deutlich aufgeschlossener gegenüber neuen Technologien sind, sie zeigt aber auch, dass sie wie die älteren Befragten teils große Vorbehalte zum Beispiel gegenüber Fleischalternativen aus Insekten haben. Begleitet wurde die Studie von zwei Experten: dem Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Tilman Grune sowie dem Food- und Nachhaltigkeitsexperten Daniel Anthes.
Neue Technologien: Junge sehen Chance, Ältere sind skeptisch
Junge Menschen sind optimistischer, dass neue Technologien einen Beitrag zur Qualität der Lebensmittel beitragen können. Deswegen sind sie auch grundsätzlich offener für neue Technologien. Die beiden älteren Generationen vertrauen viel stärker auf das Bewährte und haben eine größere Skepsis bezüglich möglicher gesundheitlicher Auswirkungen und weil neue Technologien möglicherweise nicht vollständig erforscht sind. Insgesamt ist das Vertrauen in neue Technologien bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen.
Junge Esser sind anspruchsvoll
Junge Menschen (Gen X und Y) sind gut informiert über Lebensmittel und haben entsprechende Ansprüche an das, was sie essen. Einerseits wünschen sie sich Natürlichkeit und legen beispielsweise Wert darauf, dass Lebensmittel weitgehend unverarbeitet sind. Andererseits geben sie auch an, Wert auf eine schnelle Zubereitung zu legen. Das macht es für Hersteller anspruchsvoll, diese wichtigen Käufer zu erreichen. Andererseits zeigt es auch, dass Hersteller mit entsprechenden Konzepten die jungen Menschen ansprechen und sich von können.
Beim Preisthema sind sich die Generationen einig
Trotz der vielen Unterschiede, die die Studie bei den Präferenzen der unterschiedlichen Generationen aufzeigt, gibt es einen Aspekt, bei dem die Unterschiede am geringsten sind: der Preis. Befragt danach, ob der Preis ein entscheidender Faktor für den Kauf von Lebensmitteln sei, oder ob es eine Bereitschaft gebe, mehr für Lebensmittel zu zahlen, wenn sie gesundheitliche Vorteile bringen, antworten die Befragten aller Altersgruppen sehr ähnlich.
Unterschiede gibt es lediglich bei der Frage, ob Nachhaltigkeitsaspekte die Bereitschaft für einen höheren Preis rechtfertigen würden. Hier bewerten die Jüngeren die Einhaltung von Tierwohlstandards, fairen Lieferketten und umweltfreundlichen Verpackungen als wichtige Aspekte. Bei den Älteren liegt der Fokus eher auf Regionalität, für die sie bereit wären, mehr zu zahlen.
Pragmatismus vs. Natürlichkeit bei Fertiggerichten
Auch hier zeigt sich der Pragmatismus der Männer: Viel häufiger als bei den Frauen geben sie den praktischen Nutzen als Argument für Fertiggerichte an – beispielsweise die längere Haltbarkeit oder die schnellere Zubereitung. Die Aspekte Frische und Natürlichkeit oder der Verzicht auf Konservierungsstoffe, auf die Frauen Wert legen, sind ihnen deutlich weniger wichtig. Auffällig ist, dass vor allem die beiden älteren Generationen stärkere Vorbehalte gegen Fertiggerichte haben in Bezug auf Nährwerte und Zusatzstoffe. Hier liegt Potenzial für Hersteller – einerseits bei Rezepturen und Konzepten, die auf diese Bedürfnisse eingehen, andererseits auch bei der Kommunikation. Denn viele Fertiggerichte sind viel besser als ihr Ruf.
Skepsis gegenüber Fleischersatzprodukten
Von Fleischersatzprodukten sind die Deutschen insgesamt wenig überzeugt. Oder anders ausgedrückt: Die Vorzüge, die Fleischersatzprodukte bieten können, werden von ihnen bisher nicht erkannt. So sagt fast die Hälfte der „Traditionals“, dass sie noch nie Fleischersatzprodukte überhaupt einmal probiert hat. Dass die Jungen allgemein aufgeschlossener sind, verwundert nicht. Doch auch hier sagt rund ein Drittel der Gen Z und Gen Y, dass sie bisher noch kein Produkt gefunden haben, das sie überzeugt. Und auch der Umweltaspekt wird von nicht einmal der Hälfte der Jungen und gerade einmal einem Fünftel der Älteren als Grund gesehen, auf Fleischersatzprodukte umzusteigen. Auch der Preis ist kein Argument: Nur ein Drittel würde sie essen, wenn sie preislich eine attraktive Alternative wären.
Männer sind aufgeschlossener gegenüber Experimenten
Die Vorbehalte gegenüber Fleischersatzprodukten, die auf der Basis von Insekten, Algen oder anderen Stoffen oder sogar „in-vitro“ hergestellt werden, sind groß. Argumente wie Umwelt- oder Tierschutz überzeugen die Menschen nicht. Die Vorbehalte sind sogar so groß, dass nicht einmal das Preisargument sie überzeugen würde, solche alternativen zu Fleisch zu kaufen. Auffällig ist, dass Männer das Thema pragmatischer sehen als Frauen. Männer geben häufiger an als Frauen, dass sie solche Produkte essen würden, wenn sie schmecken. Dagegen hegen Frauen weitaus größere Zweifel hinsichtlich der gesundheitlichen Unbedenklichkeit oder empfinden sogar Ekel vor in-vitro-Fleisch oder Fleischersatz auf der Basis von Insekten oder Algen (S.27). Ähnlich pragmatisch sehen es die Männer übrigens auch bei GVO-veränderten Lebensmitteln. Prof. Dr. Tilman Grune: „Neue Lebensmittelrohstoffe und Fleischersatzprodukte werden von jüngeren Generationen eher akzeptiert. Ein ähnlicher Trend ist für den Konsum von Produkten aus Insekten, Algen oder Quallen zu sehen, während In-vitro-Fleisch noch einige Skepsis entgegengebracht wird. Interessant ist, dass mehr als ein Drittel der Generationen X-Z auch gentechnisch veränderte Lebensmittel akzeptieren würden, sollte dies der einzige Weg sein Ernährungsprobleme zu lösen.“
Methodik
Die Studie verfolgt das Ziel, das Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne in der Ernährung zu ergründen. Datenbasis stellt eine nach Alter, Region und Geschlecht repräsentative Befragung von 1.015 in Deutschland lebenden Menschen im Alter von 16 bis 79 Jahren dar. Die Befragung wurde im Juli und August 2024 vom Marktforschungsunternehmen Kantar in Form von Online-Interviews durchgeführt. Der Fokus der Studie liegt darauf, Unterschiede zwischen den einzelnen Generationen herauszuarbeiten. Dafür haben wir die Zielgruppe in fünf Gruppen unterteilt:
• Generation Z (16 bis 28 Jahre)
• Generation Y (29 bis 43 Jahre)
• Generation X (44 bis 58 Jahre)
• Babyboomer (59 bis 68 Jahre)
• Traditionals (69 bis 79 Jahre)
Hier finden Sie die gesamte Studie als PDF.