Das Bundeskabinett hat vor kurzem den Gesetzesentwurf zur Reform des Jugendschutzes beschlossen.
Um Kinder und Jugendliche in der digitalen Medienwelt zu schützen, will die Bundesregierung zusätzlich zu den bereits bestehenden Regelungen der Bundesländer das Jugendschutzgesetz ebenfalls auf Online-Angebote ausweiten.
Mit dem Entwurf sieht das Verbändebündnis aus Bitkom, game und VAUNET dieses Ziel jedoch als akut gefährdet.
Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien soll zu einer modernen Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz ausgebaut werden. Die Bundeszentrale wird dafür zuständig sein, sicherzustellen, dass die vom Gesetz erfassten Plattformen ihren systemischen Vorsorgepflichten (z.B. sichere Voreinstellungen, Beschwerde- und Hilfesystem) nachkommen. Sie soll Verstöße auch gegenüber ausländischen Anbietern ahnden. Mit der Bundeszentrale sollen klare Strukturen im Kinder- und Jugendmedienschutz geschaffen werden. Die Länder bleiben für die inhaltsbezogenen Maßnahmen im Einzelfall zuständig, der Bund nimmt das Massenphänomen Interaktionsrisiken und eine systemische Vorsorge in den Fokus.
Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung:
"Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat, Kinder und Jugendliche besser vor schädlichen Online-Inhalten zu schützen und digitale Dienste altersgerecht zugänglich zu machen. Aber in der aktuellen Form wird dieser Gesetzesentwurf zu massiver Rechtsunsicherheit führen. Zwar führt er einen vermeintlich einheitlichen Medienbegriff ein, verschärft dabei aber das Nebeneinander von Bund- und Länderregelungen. Es fehlt eine klare Definition der Zuständigkeiten und eine Vereinheitlichung der Strukturen im Jugendmedienschutz.
Bisher galt: Der Bund regelt Trägermedien wie CD-ROMS, die Länder den Rundfunk und die Telemedien, also Online-Dienste. Diese Trennung lässt sich in der heutigen konvergenten Medienwelt nicht aufrechterhalten – die Verbreitungswege wachsen zusammen und sind bei häufig identischen Inhalten kaum noch unterscheidbar. Das neue Gesetz verpasst allerdings die Chance, eine kohärentere Ordnung zu schaffen. Offenbar aufgrund mangelnder Abstimmung mit den Ländern wird im Ergebnis in vielen Bereichen noch unklarer sein als jetzt schon, ob Landes- oder Bundesrecht anzuwenden ist und welche Aufsichtsbehörde zuständig sein wird. Diese Unklarheit verhindert das so dringend notwendige Update für einen zeitgemäßen Jugendschutz in der digitalen Welt."
Felix Falk, Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche:
"Als Games-Branche achten wir auf besonders hohe Jugendschutzstandards. Deshalb fordern wir auch seit vielen Jahren ein neues Jugendschutzgesetz. Mit dem aktuellen Gesetzesentwurf wird jedoch viel versprochen was tatsächlich gar nicht eingelöst wird. Wirklich zeitgemäße, konvergente und international anschlussfähige Regelungen fehlen und eine Umsetzung des Gesetzes droht Eltern und Anbieter nur noch mehr zu verwirren.
Nun ist der Bundestag gefragt, die breite Kritik unterschiedlichster Akteure, etwa aus der Wissenschaft, von den Freiwilligen Selbstkontrollen oder den Bundesländern aufzugreifen und den Entwurf zu verbessern. Es ist dringend erforderlich, die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern klar aufzuteilen, die Freiwilligen Selbstkontrollen zu stärken, die Alterskennzeichen nicht zu verwässern und wirklich medienkonvergente Lösungen zu finden, die auch moderne technische Jugendschutzlösungen berücksichtigen. Nur dann ist dem Jugendschutz wirklich geholfen."
Daniela Beaujean, Geschäftsführerin des VAUNET – Verband Privater Medien:
"Kinder- und Jugendschutz liegt im ureigenen Interesse der Medienunternehmen. Nur mit Vertrauen ist die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg gegeben. Ein moderner, kohärenter Jugendmedienschutz, bei dem die Regeln von Bund und Ländern reibungslos ineinandergreifen, ist daher dringend erforderlich. Die beabsichtigte Änderung des Jugendschutzgesetzes wird dem nicht gerecht. Eine künstliche Trennung von Rundfunk und Telemedien und damit filmischer Inhalte in verschiedenen Regelungsmaterien ist nicht zielführend. Doppelregulierung und -strukturen sind insbesondere vor dem Hintergrund einer gut funktionierenden Selbstregulierung nicht dazu geeignet, einen flexiblen und effektiven Jugendmedienschutz in Deutschland zu gewährleisten. "