Generation Selfies

Ein erheblicher Teil der Jugend definiert sich über Selfies. Gleichzeitig ist es vielen peinlich, darüber zu reden. Wie akribisch sie jedoch an ihrer Selbstinszenierung arbeiten und welche Ursachen hinter dem Selfie-Wahn stecken, offenbart eine Studie im Auftrag des IKW.

85 Prozent der 14-  bis 21-Jährigen machen demnach regelmäßiig Selfies. Dass die Selbstportraits, die seit einigen Jahren durch die Frontkameras von Smartphones möglich sind, eine zentrale Bedeutung für sie haben, geben jedoch nur 27 Prozent zu. Die Gespräche, die das Marktforschungsinstitut Lönneker & Imdahl rheingold salon im Auftrag des Industrieverbandes Körperpflege- und Waschmittel mit den Jugendlichen geführt haben, lassen jedoch auf eine andere Wahrheit schließen.

Von Philipp Weiß

Generation Selfies

© Rob / Fotolia

Jugendliche investieren einen immensen Aufwand in die Selfies, mit denen sie Anerkennung in Form von Likes erreichen möchten. So geben 45 Prozent der Mädchen an, mehr als 50 Selbstaufnahmen zu machen, bevor ein Foto gepostet wird. Bei 18 Prozent sind es sogar mehr als 100. Jede Zweite bis Dritte stylt sich im Vorfeld extra für das Bild. Das ist paradox, sollen Selfies nach dem heutigen jugendinternen Code doch natürlich und authentisch wirken. In Wirklichkeit geben allerdings viele Jungen an, dass sie Mädchen für krank halten, wenn sie sie ungeschminkt sehen.

„Da waren die Ferien für mich gelaufen“

Bei Selfies geht es insbesondere um eines: Selbstinszenierung. Die Untersuchung offenbart, wie wichtig Likes und Beachtung für das Selbstwertgefühl der jungen Menschen ist. 47 Prozent der Befragten fühlen sich besser, wenn sie mehr Likes bekommen, 44 Prozent sind sogar der Ansicht, dass ein Erlebnis "erst dann toll war, wenn viele andere es liken".  Ein/e Befragte/r wird mit dem Satz "Bei meinen Urlaubsbildern gab es nur 25 Likes – die anderen hatten über 50 – da waren die Ferien für mich gelaufen" zitiert.

Da das Machen von Selfies so viel Aufmerksamkeit erfordert, schätzen 66 Prozent, dass sie durch das nachträgliche Betrachten ihrer Selfies erst sehen können, was sie eigentlich erlebt haben.

Der Wunsch: alleiniger Autor des Lebens

Warum investiert die junge Bevölkerung so viel Aufwand in Selfies? Ein Grund: In ihnen drückt sich der Wunsch nach der totalen Kontrolle ihres Lebens aus. Da sie gleichzeitig Motiv und Fotograf der Bilder sind, vermitteln Selfies den Jugendlichen das Gefühl, die Situation nahezu vollständig kontrollieren zu können. 58 Prozent der Befragten geben an, dass sie sich auf Selfies so darstellen können, wie sie idealerweise sein möchten. Die Autoren schreiben: "Kontrolle und Selbstdarstellung sind Hauptmotive der Selfie-Produktion. Hier erleben sich die jungen Leute als alleinige Autoren ihres Lebens."

Als zweiter Grund ist das Nacheifern von YouTubern und Influencern zu nennen. Hinter dem Selfie-Wahn steht bei einigen das Ziel, berühmt zu werden. Bei der aktuellen Befragung gaben 30 Prozent der Jugendlichen Berühmtheit als expliziten Lebenswunsch an. Vor zehn Jahren –  in der Zeit vor den Frontkameras – waren es lediglich 14 Prozent.

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