"AOK-Familienstudie 2022": Mehr Belastungen drücken auf das Wohlbefinden

Familien in Deutschland geht es 2022 schlechter als vor vier Jahren. Das ist ein zentrales Ergebnis der "AOK-Familienstudie", für die von August bis Oktober dieses Jahres 8.500 Mütter und Väter befragt wurden.

Erhoben wurden die körperliche und psychische Gesundheit von Eltern und Kindern, das Ernährungs- und Bewegungsverhalten sowie Belastungsfaktoren und deren Auswirkungen auf das Familienleben. Besonders Alleinerziehende und Eltern mit einem niedrigen sozioökonomischen Status schätzen ihre Gesundheit in allen Bereichen schlechter und ihre Belastungen höher ein als andere.

"Die Ergebnisse machen deutlich, dass wir uns besonders um diese Familien kümmern müssen. Dafür braucht es ein abgestimmtes Zusammenarbeiten zwischen verschiedenen politischen Ressorts vom Bund bis in die Kommunen", fordert Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.

Die Ergebnisse der "AOK-Familienstudie" zeigen eine Trendumkehr zum Negativen

Vater und Kind

Bild (c) AOK Bundesverband

Im Vergleich zu 2018 hat sich der Gesundheitszustand der Eltern um zwölf Prozentpunkte verschlechtert. Nur noch 64 Prozent der befragten Eltern schätzen ihren Gesundheitszustand selbst als "gut" und "sehr gut" ein. Im Vergleich zur "AOK-Familienstudie 2018" sind die Belastungsfaktoren der Eltern gestiegen. Der größte Ausschlag ist bei den finanziellen Belastungen zu verzeichnen mit einem Anstieg um 13 Prozentpunkte auf 40 Prozent. Die psychischen Belastungen sind um sieben Prozentpunkte auf 34 Prozent gestiegen.

Die zunehmenden Belastungen und die schlechtere Elterngesundheit haben direkten negativen Einfluss auf die Kindergesundheit, was sich wiederum in einer schlechteren gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie dauerhaften psychosomatischen Beschwerden bei den Kindern zeigt. Knapp ein Drittel der Kinder sind in ihrem seelischen Wohlbefinden beeinträchtigt. Zudem haben wichtige Schutzfaktoren wie gemeinsame Rituale abgenommen, wodurch die Widerstandskräfte der Familien geschwächt werden.

"Ein gutes Familienklima kann Belastungen auffangen. Die Kinder profitieren gesundheitlich von einer guten Beziehung der Eltern zu ihnen, von der Sicherheit der Eltern und Ritualen wie dem täglichen gemeinsamen Abendessen", sagt Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Forschungsdirektorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Rahmenbedingungen für gesundes Aufwachsen schaffen

Von fast allen Befunden überdurchschnittlich betroffen sind Alleinerziehende sowie Eltern mit einem niedrigen sozioökonomischen Status. So sind beispielsweise diese Kinder seltener in einem Sportverein aktiv und können häufiger nicht schwimmen. "Sozial schwache Familien in strukturschwachen Regionen brauchen eine möglichst frühe verlässliche Ganztagsbetreuung der Kinder", fordert Carola Reimann. Gesundheitsbildung müsse bereits in der Kita beginnen und in der Schule fortgeführt werden. "Wenn künftig soziale und gesundheitliche Fragen nicht enger miteinander gedacht werden, sind die gesellschaftlichen Folgekosten immens", so die AOK-Vorstandsvorsitzende. Auch deshalb unterstütze die AOK die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums, bundesweit Gesundheitskioske als niedrigschwelliges Beratungsangebot in sozialen Brennpunkten aufzubauen.

Laut "AOK-Familienstudie" finden es 87 Prozent der Eltern wichtig, dass die Kinder etwas über klima- und umweltfreundliche Ernährung in der Schule lernen. Das AOK-Präventionsprogramm "JolinchenKids" in den Kitas sei ein gutes Beispiel dafür, wie frühkindliche Gesundheitsbildung umgesetzt werden kann. Aktuell investiert die Bundesregierung mit dem Kita-Qualitätsgesetz vier Milliarden Euro in frühkindliche Bildung. "Geld, das Länder und Kommunen zielgenau einsetzen können, um vor allem Kinder und deren Eltern aus sozial benachteiligten Familien zu unterstützen, damit sie gleiche Startchancen ins Leben erhalten", so Reimann. Hierzu zähle auch eine gesunde Gemeinschaftsverpflegung in Kitas und Schulen.

Mangelnde Kompetenz in gesunder und klimafreundlicher Ernährung

Wie die "AOK-Familienstudie" zeigt, ist das Wissen um gesunde und klimafreundliche Ernährung offenbar noch nicht in den Familien angekommen. 43 Prozent der Eltern verfügen über eine inadäquate oder problematische Ernährungskompetenz. Hierbei besteht ein Zusammenhang zur vermehrten Adipositas bei den Kindern. 38 Prozent der Befragten glauben sogar, dass eine klima- und umweltfreundliche Ernährung nicht gesund ist. Das Wissensdefizit spiegelt sich auch im Bedürfnis nach Hilfestellungen wider: 80 Prozent wünschen sich klare Vorgaben der Bundesregierung an die Lebensmittelindustrie, um die Auswahl der Lebensmittel nach Umwelt- und Gesundheitsaspekten zu erleichtern.

Weiterführende Informationen finden Sie auf www.aok-bv.de.