Kommunikation in der Krise – wie geht das?

Die Corona-Krise verändert die Art, wie wir miteinander umgehen und kommunizieren. Für Markenhersteller eine schwierige Lage: Wie lassen sich die KonsumentInnen angesichts der alles beherrschenden Berichterstattung überhaupt erreichen? Welche Messages kommen an, wo lauern kommunikative Fallen?

Diesen Aspekt haben die Marktforscher von EARSandEYES im Rahmen einer aktuellen Befragung unter 1.000 Personen in Deutschland untersucht. Die Ergebnisse sind bevölkerungsrepräsentativ.

Hersteller bewegt aktuell vor allem die Frage, ob sie als Marken in ihrer Kommunikation auf die aktuelle Lage Bezug nehmen sollten. Das Dilemma liegt auf der Hand: Einerseits ist das Thema allgegenwärtig, der Versuch eines sturen Festhaltens an hergebrachten Kanälen und Botschaften könnte weltfremd oder teilnahmslos wirken. Auf der anderen Seite sieht man sich bei einer allzu konkret anlassbezogenen Kommunikation womöglich dem Vorwurf von Opportunismus oder Pietätlosigkeit ausgesetzt.

Dies mag ein Grund sein, weshalb etwa "Welt"-Chef Ulf Poschardt sich jüngst zwar über eine Verdopplung der Neuabschlüsse von Digitalabonnements seiner Zeitung freute, gleichzeitig aber die Zurückhaltung der Werbekunden beklagte, die sich scheuten, in einem derart krisenlastigen Umfeld zu inserieren.

Anlassbezogene Kommunikation ist ein zweischneidiges Schwert

Die Frage polarisiert folgerichtig auch das Teilnehmerfeld der EARSandEYES-Studie: Während 36 % der Befragten sich eine aktive Ansprache des Themas auch in der kommerziellen Kommunikation wünschen, steht ein ebenso großer Anteil dem Sachverhalt kritisch gegenüber. Allenfalls in der Zielgruppe unter 30 Jahren überwiegen die Befürworter leicht. Etwas konkretere Hinweise gibt das Stimmungsbild in der Frage, ob Marken mit praktischen Tipps zum Umgang mit der Situation punkten können: Jeder zweite Befragte ist dieser Option gegenüber aufgeschlossen.

Beide Thesen illustrieren die unterschiedlichen Facetten moderner Markenführung: Ihre Kompetenz liegt nicht zwangsläufig in der Kommentierung des aktuellen Tagesgeschehens. In manchen Fällen kann dies sogar negativ auf das Markenimage abstrahlen – etwa, wenn die Tonalität schlecht gewählt wird oder der Empfänger die Kommunikation nicht einordnen kann.

Gleichzeitig sind starke Marken auch in einer Ausnahmesituation in der Lage, ihren AnhängerInnen wichtige Botschaften zu vermitteln, ohne unmittelbar auf den kommunikativen Zug aufspringen zu müssen. Allen voran: Orientierung – denn eine starke Marke bietet Identifikationspotenzial, Beständigkeit und Klarheit in einer unübersichtlichen Situation.

Was muss Markenkommunikation in Krisenzeiten leisten?

Sie soll keine Werbung sein.

Die KonsumentInnen erwarten von Markenkommunikation jetzt unter anderem Zerstreuung und Mehrwert. Ergebnisse aus der Studie stützen diese These: So ist fast jeder zweite Befragte (47 %) der Meinung, die Werbung solle das ohnehin schon übermächtige Thema nicht noch zusätzlich strapazieren. 40 % sehen die Aufgabe von Marken jetzt vor allem darin, Ablenkung und Entspannung zu bieten.

Sie soll on-brand sein.

Inwieweit Markenkommunikation auch auf aktuelle Anlässe Bezug nehmen darf, hängt letztlich von der Marke ab, die dahinter steht. Eine so umfassende Ausnahmesituation wie die Corona-Krise bietet Marken grundsätzlich viele Möglichkeiten, gewinnbringend am Diskurs zu partizipieren. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass kommunikative Fehltritte schnell mit starkem Gegenwind bedacht werden.

Sie soll Orientierungspunkte schaffen.

In Zeiten rapider Veränderung ist es für Marken von besonderer Wichtigkeit, ihrem Publikum ein Vorbild zu sein, verantwortlich zu handeln und Haltung zu zeigen. So gehören beispielsweise die an Aldi ausgeliehenen McDonald’s-Mitarbeiter schon jetzt zu den kommunikativen Erfolgs-Storys dieser Krise.

Leben mit der Krise: Der neue Alltag der Deutschen

Die umfassenden Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung des Coronavirus bedeuten für viele Menschen in Deutschland und der ganzen Welt starke Einschnitte. Wie wirken sich die Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens konkret auf den Alltag der Bevölkerung aus?

Die größte Beeinträchtigung ihres Alltags sehen erwartungsgemäß die Befragten unter 50 Jahren: Fast jeder Zweite von ihnen (47 %) fühlt sich durch die Maßnahmen zum Infektionsschutz deutlich oder stark beeinträchtigt. Vier von zehn Menschen im Alter von 50 oder mehr Jahren sehen hingegen lediglich eine mäßige Beeinträchtigung ihres täglichen Lebens.

Herausforderungen für Arbeitnehmer

Jede dritte befragte Person (35 %) arbeitet aktuell aus dem Home-Office, knapp jeder Fünfte betreut Kinder zu Hause (18 %), wobei das naturgemäß vor allem Personen im mittleren Alter betrifft: Ganze 36 % der Befragten zwischen 30 und 49 sind derzeit mit ihren Kindern zu Hause beschäftigt. Immerhin jeder zehnte Deutsche muss beides gleichzeitig bewerkstelligen.

Ebenfalls zehn Prozent der Befragten sind den Angaben zufolge von ihrer Arbeit freigestellt. Hier fällt auf, dass der Anteil von Frauen, die ihrer Beschäftigung zurzeit nicht nachgehen können, nahezu doppelt so hoch liegt wie unter den Männern (12 % zu 7 %). Fast genauso viele Befragte (8 %) müssen hingegen eigenen Angaben zufolge deutlich länger arbeiten als zuvor.

Seltener Einkaufen, mehr Internet

Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf das Freizeit- und Konsumverhalten der Deutschen aus? Jeder Zweite gibt hierzu an, derzeit seltener Einkaufen zu gehen als vor Beginn der Krise (54 %). Etwa jede sechste befragte Person (17 %) kauft dabei andere Produkte als zuvor. 43 % verbringen mehr Zeit im Internet, wobei dieser Anteil unter den 16- bis 29-Jährigen mit 50 % am höchsten liegt.

Jeder dritte Befragte (32 %) schaut in den Wochen seit Beginn der Krise mehr fern als sonst – hier sind mit 37 % vor allem die Befragten ab 50 stark vertreten.

Informationen aktiv gesucht

Auf die Frage, was medial konsumiert wird, gibt es für viele zumindest in dieser Frühphase der beispiellosen Ausnahmesituation nur eine Antwort: Fast jeder zweite Befragte (47 %) versucht angesichts der sich rapide entwickelnden Lage aktiv, möglichst schnell an alle relevanten Informationen über die Ausbreitung des Virus und die ergriffenen Gegenmaßnahmen zu kommen. Weitere 45 % geben an, sich zumindest mehr oder weniger regelmäßig über die neuesten Entwicklungen zu informieren.

Über die Studie

Repräsentative Befragung von n=1.000 Personen im qualitätskontrollierten EARSandEYES Befragungspanel. Bevölkerungsrepräsentativität hergestellt auf Basis der Quotenmerkmale: Alter, Geschlecht und Bundesland. Vergleichender Ansatz zwischen den Befragungswellen realisiert durch gleiche Verteilung der Quotierungsmerkmerkmale.

www.earsandeyes.com