"Generation Internet" zwischen Glück und Abhängigkeit

Das Internet ist für Jugendliche und junge Erwachsene scheinbar Fluch und Segen zugleich. Das zeigt eine aktuelle Studie

Jugendliche verbinden mit dem Internet zwar hauptsächlich Chancen, aber sie sehen verstärkt auch Risiken – wie persönliche Angriffe, Falschinformationen, eine zunehmende Komplexität und fehlendes technisches Verständnis. Gruppendruck und Überforderung erzeugen zusätzliches Unbehagen.

Das geht aus der repräsentativen U25-Studie hervor, die das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI)durchgeführt hat.

Für die überwiegende Mehrheit der Befragten sind digitale Infrastrukturen und Angebote unverzichtbar, weil sie den Zugang zu Informationen erheblich erleichtern, ehemals mühsame Vorgänge beschleunigen und zu Neuem inspirieren. 68 Prozent können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen (2014: 73 Prozent). Das Netz ist aus der Sicht junger Menschen vor allem eins: praktisch; 69 Prozent sagen sogar, dass es sie glücklich macht.

An die Sicherheit persönlicher Daten im Internet glauben allerdings nur noch 30 Prozent der jungen Generation. Dr. Silke Borgstedt, Direktorin Sozialforschung und Studienleiterin beim durchführenden SINUS-Institut: "Der Vergleich zu den Studienergebnissen aus 2014 zeigt, dass junge Menschen heute deutlich mehr Risiken bei der Nutzung des Internets wahrnehmen als noch vor vier Jahren."Digitale Welt ist für junge Menschen Fluch und Segen zugleich

Junge Zielgruppen stört die "Verrohung" im Netz

Viele junge Menschen stellen zudem eine starke "Verrohung" der Umgangsweisen im Netz fest und verhalten sich entsprechend vorsichtig und zurückhaltend. Zwei Drittel der 14- bis 24-Jährigen nehmen das Internet als Raum wahr, in dem diejenigen, die sich äußern, damit rechnen müssen, beleidigt oder beschimpft zu werden. Für 38 Prozent ist diese wahrgenommene "Beleidigungskultur" ein Grund, auf die Äußerung der eigenen Meinung im Internet zu verzichten.

Joanna Schmölz, stellv. DIVSI-Direktorin, findet das besorgniserregend: "Wir müssen uns schon fragen, was es über den Zustand unserer demokratischen Gesellschaft aussagt, wenn junge Menschen ausgerechnet in dem für sie wichtigsten Raum des Austausches aus Angst vor Beleidigungen und ‚Shitstorms‘ aufhören, ihre Meinung zu äußern."

Gegenüber 2014 deutlich gestiegen ist auch die Angst vor der Veröffentlichung peinlicher oder intimer Posts (um 18 Prozentpunkte), ebenso wie die vor Fake-Profilen, also der Täuschung durch gefälschte Nutzerprofile (um 16 Prozentpunkte).
44 Prozent nehmen Fake-Profile als eines der größten persönlichen Risiken im Netz wahr.

Angst vor "Internetsucht"

Weit verbreitet ist auch die Sorge davor, "internetsüchtig" zu sein oder zu werden. Insbesondere Jüngere zwischen 14 und 17 Jahren sehen das Problem etwasakuter (30 Prozent) als die Älteren zwischen 18 und 24 Jahren (26 Prozent). Damit nimmt knapp ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen das eigene Nutzungsverhalten bereits als problematisch war. 64 Prozent haben das Gefühl, im Internet Zeit zu verschwenden; 19 Prozent sind gar vom Internet genervt.

Angst vor Abhängigkeit

Alles in allem fühlt sich die "Generation Internet" anscheinend unzureichend vorbereitet auf eine digitale Zukunft. Aneignung digitaler Kompetenzen läuft zumeist in Eigenregie und untereinander. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen blicken auf eine rein digitale Zukunft mit Skepsis: 41 Prozent der jungen Menschen zwischen 14 und 24 Jahren macht die Vorstellung Angst, dass in Zukunft vieles nur noch über das Internet erledigt werden kann. Damit hat sich diese Zahl gegenüber 2014 fast verdoppelt. Fast die Hälfte der Befragten wünscht sich, dass man in Zukunft weniger online ist.

Auch wenn sich 14- bis 24-Jährige scheinbar sicher und souverän online bewegen, ist ihr Selbstverständnis ein anderes: Die Vorstellung der älteren Generationen, junge Menschen seien qua Geburtsjahr digital kompetent, lehnen 14- bis 24-Jährige entschieden ab. "Digital Native" zu sein, ist aus ihrer Sicht kein Selbstläufer, sondern erfordert vielfach Kenntnisse und Anstrengungen.

Methode

Von Mitte Mai bis Mitte Juni 2018 wurde eine bundesweite Repräsentativerhebung der deutschsprachigen Wohnbevölkerung zwischen 14 und 24 Jahren durchgeführt. Für die Befragung wurden zwei Erhebungsmethoden kombiniert. Im Rahmen einer Online-Befragung wurden N = 1.250 (1.331 vor Bereinigung) 14- bis 24-Jährige interviewt. Zusätzlich wurden mittels einer computergestützten persönlichen Befragung (CAPI) N = 480 (494 vor Bereinigung) Jugendliche und junge Erwachsene interviewt. Für die Gesamtstichprobe ergibt sich damit eine Fallzahl von insgesamt N = 1.730.

Die komplette Studie finden Sie hier.

www.divsi.de

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