"Generation Angst" – Machen soziale Medien die Jugend psychisch krank?

Jonathan Haidt: "Generation Angst. Wie wir unsere Kinder an die virtuelle Welt verlieren und ihre psychische Gesundheit aufs Spiel setzen!" – die deutsche Ausgabe des "New York Times"-Bestsellers "The Anxious Generation".

In den USA hat das Buch des US-Psychologen Jonathan Haidt zu neuen Debatten über die Risiken von digitalen Medien geführt. Wissenschaftler der Uni Würzburg halten seine Darstellungen dagegen für zu einseitig.

Drei technologische und mediale Megatrends bestimmten die frühen 2010er-Jahre: Smartphones, Social-Media-Plattformen und die Selfie-Kultur. Das Ergebnis: Eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen verwendete mehrere Stunden am Tag darauf, durch die Beiträge von Influencerinnen und Influencern und mehr oder weniger fremden Nutzerinnen und Nutzern zu scrollen, statt sich mit Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld auseinanderzusetzen, mit ihnen zu spielen, zu sprechen oder auch nur Blickkontakt aufzunehmen. Die Mitglieder der "Generation Z", die als Erste ihre Pubertät mit den neuen Medien in der Tasche durchlebten, wurden so zu "Testpersonen für das Aufwachsen in einer radikal umgestalteten, zunehmend digitalen Umgebung", so der Autor Haidt.

Die Folgen dieses Experiments waren, wie Jonathan Haidt auf Grundlage umfangreichen Datenmaterials zeigt, katastrophal – und sie betreffen auch die heute Heranwachsenden. Die schnellste und allumfassendste "Neuverdrahtung menschlicher Beziehungen" (wie er es nennt) führte dazu, dass sich die mentale Gesundheit der Kinder und Jugendlichen rapide und dauerhaft verschlechtert hat.

Jonathan Haidt beschreibt die Folgen als Flutwelle von Angststörungen, Depressionen und Selbstverletzungen, die Mädchen viel stärker erfasste als Jungen und am meisten Mädchen unter 13 betrifft. In den USA hat das Buch zu neuen Debatten über die Risiken von digitalen Medien geführt. Wissenschaftler der Uni Würzburg halten seine Darstellungen dagegen für zu einseitig.

Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hänge von viel mehr Faktoren und deren Zusammenspiel ab, seine wissenschaftliche Begründung sei mangelhaft, so die Wissenschaftler aus Würzburg. Zudem würden viele Jugendliche von sozialen Medien auch profitieren. Und nicht zuletzt würde "Generation Angst" bei Eltern und Lehrkräften vor allem eines auslösen – nämlich Angst…

Die Kritik mag zum Teil angebracht sein, dennoch ist gut, dass hier eine kritische Debatte angestoßen wurde. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die sozialen Medien in naher Zukunft wohl noch mehr für politische Zwecke eingestetzt werden könnten. Der Vorwurf, die Darstellung von Haidt sei "zu einseitig" verneint ja auch nicht Einfluss sozialer Medien auf diese Entwicklung. Das Buch sollte vielmehr ein Anstoss sein, um endlich umfangreiche Studien dazu auch in Deutschland und Europa durchzuführen.

Haidt zeigt jedenfalls auf, wie man dieser Entwicklung entgegentreten kann – er erklärt, was Regierungen, Schulen und Eltern tun können, um Kindern ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen.

Das Buch ist im Rowohlt Buchverlag im Juni 2024 auf Deutsch erschienen, hat 448 Seiten und kostet als gebundenes Buch 26 EUR. ISBN: 978-3-498-02836-7

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