Die Mehrheit der Schulen in Deutschland (66 Prozent) hat offensichtlich kein Gesamtkonzept, das die Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit Lernangeboten für die Zeit der Schulschließungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie ("Coronakrise") sicherstellt.
Dies berichten Lehrkräfte in Deutschland in einer repräsentativen Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland.
Die Mehrheit der Lehrkräfte erreicht nur einen Teil ihrer Schülerinnen und Schüler und befürchtet eine Verschärfung der Bildungsungleichheit
Der überwiegenden Mehrheit (87 Prozent) ist der Kontakt zu ihren Schülerinnen und Schülern wichtig, jedoch gelingt es nur einem guten Drittel (35 Prozent) der Lehrkräfte, zu sämtlichen ihrer Schülerinnen und Schüler Kontakt zu halten. Während gut die Hälfte (52 Prozent) immerhin die meisten Schülerinnen und Schüler erreichen können, hat jede 10. Lehrkraft (9 Prozent) nur zu wenigen Verbindung; 3 Prozent erreichen niemanden. Dabei befürchten mehr als die Hälfte der Lehrkräfte (51 Prozent), dass der Einfluss des Elternhauses auf die schulischen Leistungen der Schülerinnen und Schüler durch die Verlagerung des Unterrichts nach Hause größer geworden ist. An Grundschulen befürchten sogar fast zwei Drittel (62 Prozent) der Lehrerinnen und Lehrer, dass so bestehende soziale Ungleichheiten verschärft werden könnten.
Unterstützung durch Schulleitungen, Behörden oder von Lehrkräften untereinander nicht flächendeckend organisiert
Während 32 Prozent der Lehrkräfte angeben, an Schulen mit einem Gesamtkonzept zu arbeiten, und 41 Prozent den Unterricht in Kooperation mit anderen Lehrkräften organisieren, ist immerhin ein Viertel (24 Prozent) bei der Umsetzung der Unterrichtsinhalte während der Krisenzeit komplett auf sich allein gestellt und wünscht sich mehr Unterstützung von der eigenen Schulleitung (29 Prozent). Auch fühlen sich zwei Fünftel (38 Prozent) durch die Schulbehörden bzw. zuständigen Ministerien in der aktuellen Situation nicht gut informiert.
Schulen, die schon vor der Krise erfolgreich digital gearbeitet haben, können effektiver beschulen und erreichen ihre Schülerschaft verlässlicher
Digitale Vorreiterschulen nutzen vergleichsweise häufiger digitale Lernangebote (42 Prozent gegenüber 25 Prozent an anderen Schulen), erreichen ihre Schülerinnen und Schüler hier häufiger problemlos (83 Prozent gegenüber 70 Prozent) und befürchten in geringerem Maße, dass der Einfluss des Elternhauses auf die schulischen Leistungen in der aktuellen Situation zunimmt (36 Prozent zu 51 Prozent).
"Die Schulen und Lehrkräfte, die sich bereits vor der Corona-Pandemie digital auf den Weg gemacht haben, kommen gut durch die derzeitige Krise.", erklärt Inger Paus, Vorsitzende der Geschäftsführung der Vodafone Stiftung in Hinblick auf die Daten der Studie. "Doch von flächendeckenden innovativen Unterrichtskonzepten, mit denen wir alle Schülerinnen und Schüler erreichen, sind wir in Deutschland noch weit entfernt. Auch wenn Schulen vereinzelt wieder öffnen, müssen wir die Debatte um die Notwendigkeit von Lehrkräfte-Qualifizierung, die Einführung digitaler Lernplattformen oder die gezielte Unterstützung von Schülerinnen und Schülern aus bedürftigen Familien jetzt erst recht führen. "
Methodik
Für die vorliegende Studie befragte das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland telefonisch zwischen dem 2. und dem 14. April insgesamt 310 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen. Darunter waren 93 Lehrkräfte, die an Grundschulen unterrichten, 122 Lehrkräfte an weiterführenden Schulen ohne Gymnasien, 84 Gymnasiallehrkräfte sowie 11 Lehrkräfte an Förderschulen. Die Stichprobe ist repräsentativ für Lehrkräfte in Deutschland. Die Studie wurde gemeinsam mit Prof. Dr. Birgit Eickelmann und PD Dr. Kerstin Drossel vom Institut für Erziehungswissenschaft an der Universität Paderborn entwickelt. Die beiden Wissenschaftlerinnen haben die Befragungsdaten für die Studie analysiert und Handlungsempfehlungen entwickelt.