Fast 60 Prozent der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten inzwischen von Unternehmen, sich gesellschaftlich zu engagieren. Etwa ebenso viele von ihnen sind bereit, dafür auch mehr Geld für Produkte zu zahlen. Das ist das Ergebnis der repräsentativen Studie "Der Corporate Social Mind Report" von Wider Sense, einem Beratungshaus für gesellschaftlichen Wandel, und dem US-amerikanischen Beratungsunternehmen INFLUENCE|SG.
Für die Studie befragte das Forschungsteam inzwischen zum zweiten Mal jeweils mehr als 1.000 Personen in Deutschland und den USA. Untersucht wurde dabei, welche Erwartungen Verbraucher an das Engagement von Unternehmen haben. Demnach sind 57 % der Befragten der Ansicht, dass sich die Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, von denen sie etwas kaufen, gesellschaftlich engagieren sollten (14 % vollständige Zustimmung, 43 % teilweise Zustimmung). Firmen-Engagement für soziale Zwecke allein reicht vielen Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch nicht mehr aus. Auf die Frage, ob Unternehmen auch eine soziale oder politische Haltung einnehmen und sich dafür aktiv einsetzen sollten, antworteten 45 % mit Ja (11 % vollständige Zustimmung, 34 % teilweise Zustimmung).
Verbraucher fordern Corporate Social Mindset
"Unsere Studie bestätigt nun zum zweiten Mal in Folge, dass Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und auch in den USA immer häufiger von Unternehmen wissen wollen, ob sie ein Corporate Social Mindset haben. Damit sind Engagement und Verantwortung von Firmen gleichermaßen gemeint", fasst Studieninitiator Michael Alberg-Seberich zusammen. Der Geschäftsführer von Wider Sense, einem Beratungshaus für gesellschaftlichen Wandel, untersucht zusammen mit dem US-Amerikaner Derrick Feldmann, dem leitenden Wissenschaftler der Studie, regelmäßig wie sich die Erwartungen von Konsumenten gegenüber Unternehmen verändern.
Firmen-Engagement: Deutsche sind bereit, mehr zu bezahlen
Laut Studie deutlich gestiegen ist auch die Bereitschaft deutscher Konsumenten, für ein Engagement von Unternehmen tiefer in die eigene Tasche zu greifen. Gefragt wurde nach zwei konkreten Beispielen: Einem Softdrink und einem Pullover. Für ein Getränk mit Informationen zum guten Zweck auf dem Etikett würden 54 % der Befragten mehr ausgeben als für ein Getränk ohne diese Angaben. Das sind 17 % mehr als noch 2020. Bei Kleidung ist die Investitionsbereitschaft sogar noch beachtlicher. 67 % würden hier mehr beim Produktkauf für Firmen-Engagement zahlen, fast 30% mehr als noch 2020. Im konkreten Fall diente ein Pullover für 30 US-Dollar als Beispiel.
Informierte das Etikett darüber, welche gemeinnützigen Organisationen die Pullover-Marke unterstützte, waren 37 % der Befragten bereit, 7,50 Dollar mehr zu zahlen. Bei zusätzlich detaillierten Angaben zu guter Unternehmensführung wie z. B. Anteil von Mitarbeitenden mit diversem Hintergrund oder von Frauen in Führungspositionen, stiegt die Preisbereitschaft sogar noch weiter: 30 % antworteten, dass sie für den Pulli dann sogar 50 Dollar bezahlen würden, ganze 15 Dollar mehr.
Top-Themen der Deutschen: Umwelt, Tiere, Klima
"Die Menschen wollen vermehrt wissen, wie sich ein neues Produkt oder eine Dienstleistung auf Umwelt und Gesellschaft auswirken", erklärt Michael Alberg-Seberich. "Zwar achten viele natürlich immer noch vor allem auf den Preis. Aber die Bereitschaft, auch für sozial nachhaltigen Konsum mehr Geld in die Hand zu nehmen, der beeindruckt schon – und deckt sich auch mit unseren Beratungserfahrungen." Themenbereiche, die deutschen Verbraucher dabei besonders wichtig sind: 1) Umwelt, 2) Tiere und Tierrechte sowie 3) die Bekämpfung der Klimakrise und 4) Hunger. Auf Platz 5 der Top-Antworten folgen gleichermaßen die Corona-Pandemie und Armut/Obdachlosigkeit.
"Bei Umweltthemen ist der Druck der Verbraucher nach wie vor am größten und die Unternehmen am weitesten mit der Umsetzung. Bei sozialen Themen wie Armut, Geschlechtergerechtigkeit oder Antidiskriminierung steigen die Erwartungen von Konsumenten an Unternehmen aber ebenso. Das wird in den nächsten Jahren noch zunehmen", sagt Michael Alberg-Seberich. Immer mehr Firmen würden sich inzwischen auch zu sozialen oder politischen Themen positionieren.
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"Das sehen wir ja aktuell an den Reaktionen der Unternehmen in Bezug auf den Krieg gegen die Ukraine und auf das Russland-Geschäft. Dass hier so großer gesellschaftlicher Konsens gegen den Krieg herrscht, macht es den Firmen glücklicherweise einfach, ihre Haltung zu zeigen", so Michael Alberg-Seberich. "Die Erwartung an Unternehmen ist aber auch, sich ebenso gegenüber kontroverser debattierten Themen zu verhalten wie Armut oder Diversität."Mit ihrer Studie wollen die Autoren Unternehmen in Deutschland und in den USA dazu anregen, ihre Rolle in einer demokratischen Gesellschaft insgesamt zu überdenken und sich die Frage nach ihrem eigenen "Corporate Social Mind" zu stellen. Das gleichnamige Buch zeigt Lösungen dafür, wie Unternehmen den heutigen Anforderungen der Konsumenten gerecht werden.
Über die Studie
Der Forschungsbericht "Der Corporate Social Mind Report" ist nach 2020 nun zum zweiten Mal erschienen und untersucht die Erwartungen deutscher und US-amerikanischer Verbraucher gegenüber dem gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen. Die quantitative Analyse wurde per Online-Umfrage Ende 2021 erhoben und ist repräsentativ (1.000 Personen aus einer bundesweit repräsentativen Stichprobe/Zensus hochgerechnet). Die deutsche Umfrage wurde in deutscher Sprache durchgeführt; die amerikanische Umfrage in englischer Sprache.
Über die Autoren
Das Studiendesign basiert inhaltlich auf dem Buch "Das neue Corporate Social Mind Warum Haltung alles ist – und wie Unternehmen sozialen Wandel bewirken", das gerade erstmals in deutscher Sprache im Redline Verlag erschienen ist. Darin beschreiben Derrick Feldmann und Michael Alberg-Seberich acht Eigenschaften, die Unternehmen entwickeln müssen, um zu ihrem Corporate Social Mindset zu kommen: 1) Entscheiden Sie mit Blick auf die Gesellschaft, 2) Leben Sie Ihre Unternehmenswerte, 3) Nutzen Sie Ihre Mittel zu Gunsten der Gesellschaft, 4) Hören Sie zu, bevor Sie handeln, 5) Haben Sie eine sozial verantwortliche Stimme, 6) Haben Sie einen Kooperationskultur, 7) Messen Sie soziale Wirkung und 8) Sorgen Sie für gesellschaftliche Innovationen.
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