Das Kultusministerium Baden-Württemberg hat zusammen mit der der Universität Stuttgart die "Jugendstudie für 2024" veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen: Ein Großteil der Jugendlichen fühlt sich psychisch stark unter Druck.
"Zeig‘ mir deine Jugend und ich sage dir, in welcher Gesellschaft du lebst" – Jugendliche sind wie ein Seismograph für die Stimmung in der Bevölkerung. Daher ist es essenziell, die Lebenswirklichkeit, Wünsche und Befindlichkeiten von Jugendlichen zu kennen und die Jugendpolitik daran auszurichten. Das Kultusministerium befragt Jugendliche in regelmäßigen Abständen und hat 2024 in Zusammenarbeit mit der Universität Stuttgart die 7. Jugendstudie durchgeführt.
Unter der Leitung von Prof. Dr. André Bächtiger, Leiter der Abteilung Politische Theorie und Empirische Demokratieforschung, Prof. Dr. Kristina Kögler, Leiterin der Abteilung Berufs-, Wirtschafts- und Technikpädagogik, Prof. Dr. Christine Sälzer, Leiterin der Abteilung für Pädagogik sowie Prof. Dr. Susanne Vogl, Leiterin der Abteilung Soziologie und sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden an der Uni Stuttgart sind umfassende Einblicke in die Lebensrealitäten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 14 bis 17 Jahren entstanden.
Zentrale Themen wie psychische Gesundheit, gesellschaftliche Beteiligung, politisches Interesse sowie der Stellenwert von Bildung und digitalen Medien und vielem mehr werden in der Studie beleuchtet. Zwei Themen stechen besonders hervor: die mentale Belastung junger Menschen sowie ihr ambivalentes Verhältnis zur politischen Teilhabe.
Psychische Gesundheit: Mentale Belastung statt Leichtigkeit
Die Ergebnisse zeigen: Ein Großteil der Jugendlichen fühlt sich psychisch stark unter Druck. Studienautorin Dr. Susanne Vogl, Professorin für Soziologie an der Universität Stuttgart, sagt: "Die Präsenz von Krieg- und Terrorgefahren kombiniert mit Zukunftsängsten und gesellschaftlichen Krisen, führen zu einer hohen mentalen Belastung der Jugendlichen." Fast zwei Drittel der Befragten berichteten von häufiger Überforderung. Dabei wünschten sie sich nicht nur mehr Unterstützung, sondern auch gesellschaftliche Anerkennung für ihre Sorgen.
Politische Teilhabe: Interesse vorhanden – Vertrauen fehlt
Obwohl gesellschaftliche und politische Themen bei jungen Menschen einen hohen Stellenwert genießen, zweifeln viele an ihrer Möglichkeit, Einfluss nehmen zu können. Die Beteiligungsbereitschaft ist vorhanden, doch es fehlt das Vertrauen in politische Institutionen. Besonders Themen wie Klimawandel, Bildungsgerechtigkeit und soziale Ungleichheit bewegen die Jugendlichen. Außerdem zeigt sich, dass Jugendliche in Baden-Württemberg – unabhängig von der Schulform, dem Geschlecht oder anderen sozioökonomischen Merkmalen – die Demokratie zwar als Staatsform befürworten, aber mehrheitlich unzufrieden sind, wie die Politik aus ihrer Sicht aktuell funktioniert. Gleichzeitig sinkt das Vertrauen in repräsentative Institutionen.
Dr. André Bächtiger, Professor für Politikwissenschaft und Autor der Jugendstudie 2024 sagt: "57 Prozent der befragten Jugendlichen haben kein oder wenig Vertrauen in Politikerinnen und Politiker. Das ist eine signifikante Verschlechterung gegenüber der letzten Befragung im Jahr 2022. Damals waren es 42 Prozent. Ein klares Zeichen in Richtung Politik, das Vertrauen der Jugendlichen zurück zu gewinnen.“ Kultusministerin Theresa Schopper sagt: „Diesen beunruhigenden Entwicklungen treten wir entschieden entgegen, indem wir unsere Aktivitäten rund um die Jugendbeteiligung stark ausbauen. Junge Menschen sollen mitgestalten und ihre Stimme zählt!"
Weitere zentrale Erkenntnisse aus der Jugendstudie:
- Familie, Gesundheit und Freundschaft zählen zu den wichtigsten Themen junger Menschen.
- Jugendliche schätzen sich im Umgang mit Geld als kompetent ein.
- Digitale Medien prägen den Alltag – zugleich steigt das Bedürfnis nach analoger Begegnung.
- Über die Hälfte der Jugendlichen hat sich bereits über ihre berufliche Zukunft Gedanken gemacht und eine ungefähre Idee, in welche Richtung es gehen soll.
- Das Bildungsziel der Jugendlichen ist abhängig vom bereits gewählten Bildungsweg und stimmt mit diesem mehrheitlich überein.
- Bildung wird als Schlüssel zur Chancengleichheit gesehen, insbesondere bei Jugendlichen mit Migrationsgeschichte.
Weitere Infos
Die siebte Jugendstudie Baden-Württemberg wird vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport finanziert und wurde im Frühjahr 2024 vom Institut für Sozialwissenschaften und dem Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Stuttgart durchgeführt. Befragt wurden mehr als 2.000 Schülerinnen und Schüler aus 86 Schulen aller Schularten anhand eines ausführlichen Fragebogens.