Forsa-Umfrage: Eltern besorgt um Gesundheit Minderjähriger – Hirnforscher empfehlen Konsum frühestens ab 25 Jahren
Die Bundesregierung hält an der geplanten Legalisierung von Cannabis für Erwachsene ab 18 Jahren fest. Ein entsprechendes Gesetz soll Mitte Februar verabschiedet werden. Viele Eltern befürchten nun, dass auch Minderjährige vermehrt zum Konsum von Cannabis verleitet werden, sobald die Droge für Erwachsene von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen ist.
Laut einer forsa-Umfrage im Auftrag der KKH meinen fast zwei Drittel (63 Prozent) der befragten Eltern mit Kindern unter 18 Jahren, dass die Hemmschwelle für den Cannabis-Konsum bei Minderjährigen sinkt, wenn das Kiffen für Erwachsene legal wird. Die Eltern befürchten vor allem gesundheitliche Folgen.
So denkt die klare Mehrheit, dass sich ein häufiger Konsum von Cannabis bei Kindern und Jugendlichen sowohl körperlich als auch psychisch negativ auswirkt: Fast drei Viertel der Eltern (73 Prozent) befürchten eine Schädigung des Gehirns oder andere körperliche Probleme wie Benommenheit. Fast ebenso viele (70 Prozent) meinen, dass es in der Folge zu psychischen Problemen wie Stimmungsschwankungen oder Angstzuständen kommt. Gut zwei Drittel der Eltern (69 Prozent) denken, dass ein häufiger Konsum von Cannabis Kinder und Jugendliche abhängig macht. 64 Prozent befürchten dadurch einen Leistungsabfall in der Schule, 55 Prozent denken, Minderjährige könnten auf die schiefe Bahn geraten.
Die Sorgen der Eltern bezüglich einer Abhängigkeit scheinen nicht unbegründet zu sein. So zeigen KKH-Daten bereits jetzt ein starkes Plus beim schädlichen Gebrauch von Cannabis bei jungen Menschen. In der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen stiegen die Diagnosen wegen eines akuten Rausches, einer Abhängigkeit, Entzugserscheinungen oder psychischer Probleme aufgrund von Cannabinoiden von 2012 auf 2022 um das Anderthalbfache an.
Doch ist Cannabis wirklich so schädlich für das Gehirn von Kindern und Jugendlichen, wie die Mehrheit der Eltern glaubt? Hirnforscher Prof. Dr. Martin Korte von der Technischen Universität Braunschweig erläutert: "Cannabinoide wirken sich besonders auf den Stirnlappen aus, einen wichtigen Teil unseres Frontalhirns. Diese Hirnregion verleiht uns die Fähigkeit, Handlungen zu planen, Probleme zu lösen und Impulse zu kontrollieren. Wenn Jugendliche regelmäßig kiffen, riskieren sie eine Minderung dieser Fähigkeiten, sie reagieren impulsiver und können sich schlechter auf eine Aufgabe konzentrieren. Insgesamt lässt die geistige Leistungsfähigkeit nach." Zudem können durch starken Cannabis-Konsum Regionen im Gehirn aktiviert werden, die Halluzinationen auslösen und zu psychotischen Symptomen führen. Je jünger die Konsumenten sind, desto höher ist das Risiko für all diese Auswirkungen.
Doch auch junge Erwachsene spielen mit ihrer Gesundheit, wenn sie häufig kiffen. "Die Entwicklung des Frontalhirns ist erst mit Mitte 20 abgeschlossen. Die geplante Legalisierung von Cannabis soll aber ab einem Alter von 18 Jahren gelten. Auch dann reagiert das Gehirn noch besonders empfindlich auf Drogen", betont Martin Korte. Deshalb sei es besser, einen legalen Erwerb von Cannabis frühestens ab dem 25. Lebensjahr zuzulassen.
Hintergrundinformationen:
Das Meinungsforschungsinstitut forsa hat im Auftrag der KKH vom 2. bis 16. Januar 2024 deutschlandweit 1.000 Eltern mit Kindern unter 18 Jahren online repräsentativ befragt. Eltern mit mehreren Kindern wurden zu dem Kind befragt, das zuletzt Geburtstag hatte. Die Fragestellungen: Wird durch die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene bei Kindern und Jugendlichen die Hemmschwelle sinken, Cannabis zu konsumieren? Welche negativen Auswirkungen hat ein häufiger Konsum von Cannabis auf Kinder und Jugendliche?
Die KKH hat darüber hinaus anonymisierte Daten ihrer Versicherten zur Diagnose F12 nach ICD-10 "Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide" (inkl. akuter Rausch, Abhängigkeit, Entzugssyndrom, psychische Störung) erhoben. Der Anteil der 15- bis 24-Jährigen mit dieser Diagnose ist von 2012 auf 2022 von 0,2 auf 0,5 Prozent gestiegen, also um das Anderthalbfache. 2022 gab es in dieser Altersgruppe rund 900 Betroffene. Da nur gesicherte ambulante Arztdiagnosen in die Analyse eingeflossen sind, dürfte die Dunkelziffer deutlich höher liegen.