Jugendliche sorgen sich um Ausbildungschancen

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen in Deutschland sorgt sich um Chancen auf dem Ausbildungsmarkt. 54 Prozent der Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren gehen davon aus, dass sich die Ausbildungschancen wegen Corona verschlechtert haben. Vor allem sehen das Jugendliche in Berlin und Bremen so. Insgesamt sind Jugendliche mit niedriger Schulbildung besonders pessimistisch. 

42 Prozent der befragten Jugendlichen kritisieren, die Politik tue eher wenig oder gar nichts für Ausbildungsplatzsuchende. Weitere 38 Prozent aller Befragten sind der Meinung, die Politik tue zwar viel, aber nicht genug. In Summe sind damit 80 Prozent mit dem Engagement der Politik für Ausbildungsplatzsuchende unzufrieden. Dieses Stimmungsbild ist das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, für die das Institut iconkids & youth vom 28. Januar bis 6. März Jugendliche erstmals auch repräsentativ auf Länderebene nach ihren beruflichen Perspektiven befragt hat.

Zu wenig Ausbildungsplätze

Während knapp die Hälfte der 1.666 befragten Jugendlichen (48 Prozent) meint, es gebe genügend Ausbildungsplätze, sind 37 Prozent der Auffassung, es gebe zu wenige. Je nach Schulbildung unterscheidet sich die Einschätzung der Jugendlichen jedoch. Von den Jugendlichen mit niedriger Schulbildung hat sogar fast jeder Zweite (49 Prozent) den Eindruck, dass die Zahl der Ausbildungsplätze nicht reicht. Diese Einschätzung ist nicht verwunderlich: Trotz vieler unbesetzter Ausbildungsstellen bleibt laut Statistik mehr als ein Drittel der Personen mit Hauptschulabschluss zwischen 20 und 34 Jahren ohne Ausbildung. "Die im Koalitionsvertrag verankerte Ausbildungsgarantie muss jetzt zügig und wirkungsvoll umgesetzt werden", sagt Clemens Wieland, Ausbildungsexperte der Bertelsmann Stiftung. "Das ist nicht nur aufgrund des Fachkräftemangels das Gebot der Stunde: Wir müssen auch jedem einzelnen Jugendlichen einen erfolgversprechenden Start ins Berufsleben ermöglichen."

Die Ausbildungssituation wird regional sehr unterschiedlich wahrgenommen: Zu gering erscheint das Angebot an Ausbildungsplätzen ganz besonders Jugendlichen in Berlin (50 Prozent) und in Bremen (49 Prozent) – Länder, in denen die Lage auf dem Ausbildungsmarkt
tatsächlich sehr angespannt ist. In Bayern (31 Prozent) empfinden die wenigsten Jugendlichen einen Mangel an Ausbildungsplätzen. Dort gibt es im Ländervergleich besonders viele Ausbildungsplätze. "Die jungen Menschen haben ein gutes Gespür für die tatsächliche Ausbildungssituation in ihrem Land", sagt Wieland.

Interesse an Ausbildung hoch, aber Studium gewinnt an Attraktivität

Ungeachtet der Chancen ist die Ausbildung bei den Befragten hoch im Kurs: 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit niedriger und 78 Prozent derjenigen mit mittlerer Schulbildung möchten auf jeden Fall eine Ausbildung machen, ein weiteres Fünftel (18 bzw. 19 Prozent) ist noch unentschieden. Unter den Schülern mit hoher Schulbildung sind es lediglich 16 Prozent, die eine Ausbildung sicher anstreben, dafür ist die Zahl der Unentschiedenen mit 43 Prozent sehr hoch. Insgesamt liegen in Sachen Ausbildungsinteresse die Schüler in Niedersachsen (47 Prozent) und Bayern (46 Prozent) ganz vorn. Das geringste Interesse gibt es in Sachsen (18 Prozent).

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Bei Jugendlichen mit hoher Schulbildung gewinnt das Studium wegen Corona zusätzlich an Attraktivität: Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der angehenden Abiturienten findet, dass ein Studium aufgrund von Corona im Vergleich zur Ausbildung interessanter geworden ist.
"Weil es in Corona-Zeiten Praktika und sonstige Berufsorientierungsmöglichkeiten nur eingeschränkt gibt, tendieren wieder mehr Jugendliche zu einem Studium oder einem längeren Verbleib in der Schule", sagt Wieland.

Link zur Studie inklusive Länderergebnissen

Zusatzinformationen
Das Meinungsforschungsinstitut iconkids & youth hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung eine repräsentative Untersuchung bei Jugendlichen durchgeführt. Befragt wurden 1.666 repräsentativ ausgewählte 14- bis 20-Jährige mittels Face-to-Face-Interviews in Privathaushalten in Deutschland. Die Daten wurden nach Schulbesuch, -abschluss und Verteilung in den Bundesländern gewichtet. Die Interviews wurden vom 28. Januar bis 6. März 2022 geführt.